dezember

Abschied

 

Gehab dich wohl, alte Meinung

Ich lasse dich hier stehen

Du warst mir treu, als ich dich brauchte,

Doch jetzt muss ich weitergehen

 

Ich habe mich verändert

Neue Dinge gelernt

Menschen getroffen, die haben

Mir vom Leben erzählt

Vom Leben das mir bisher

Unbekannt war

Und das doch für viele

Alltäglich so geschah

 

Es tut mir leid, alte Meinung

Ich lasse dich zurück

Bei all der Erkenntnis

Kommst du leider nicht mehr mit

Ich bin sicher, du verstehst mich

Es geht einfach nicht mehr

Ich muss dich jetzt ablegen

Du wiegst mir zu schwer


november

Gemeinsam einsam

 

Wenn ich durch die vollen Straßen

Meiner Stadt spazieren geh

Seh ich Menschen, meist in Massen

Sich bewegen, manchmal stehen

 

Doch ich sehe sie nicht wirklich

Bin auf Anderes fixiert

Blicke diesen vielen Menschen

Ins Gesicht, unreflektiert

Ohne tatsächlich zu sehen

Wie sie sind, wer sie mal waren

Ohne wirklich wahrzunehmen

Was sie ausmacht, ihren Charme

 

Anonymität der Straße

Lässt Begegnung nicht entstehen

Und wenn ich Verbindung hatte

Beim nächsten Schritt ist sie passé

 

Also eile auch ich weiter

Um dem Ganzen zu entfliehen

Dabei wäre es gescheiter

Menschen ein Hallo zu schenken

Die wie ich darüber denken

Und uns dem Straßenhamsterrad 

Für eine Weile zu entziehen


oktober

Konzert

 

Der letzte Ton verklungen

Das Publikum allein

Mit der hörbaren Stille

Die im Raum hängt

Bevor das Aufeinandertreffen

Zweier Handflächen

Den Zauber

Zerschlägt


september

Septemberabend

 

Die schöne Zeit auf dem Balkon

Geht unverhofft vorüber

Schon ist es kühl und auch der Ton

Der Stadt wird wieder ruhiger

 

Kein Abendplausch, kein Gartenfest,

Ist nah und fern zu hören

Die Nacht ist dunkel, lang und trist

Und ihre Absicht, still zu sein

Mag kaum noch jemand stören

 

Septemberabend, Herbstanfang

Ich weiß, dich zu genießen

Doch die belebten Nächte werd

Ich dennoch sehr vermissen.


august

Hinter tausend Wipfeln

 

Nie ist eine Stunde kostbarer

Als die, in der man einem Baum

Beim Wachsen zusieht

 

Nie ist ein Tag vergeudet,

An dem nichts geschieht

Als Sonnenaufgang

Sonneuntergang

 

Die Zeit steht nicht still in den Wäldern

Doch sie vergeht spurlos

Und ohne Reue

 

Hinter tausend Wipfeln

Sinkt die Sonne leiser hinab

Als hinter Wolkenkratzern


Juli

Gedichtband

 

Ein Gedicht

Band sich um meine Seele

Und es hielt

Die Sehnsucht in mir fest

 

Ein Zweites flog

Mir zärtlich auf die Schulter

Es sang von Hoffnung,

Liebe und dem Rest

 

Ein Drittes kam

Liebkoste meine Wange

Voll Schmerz und Trauer

Schenkte gleichwohl Trost

 

Und plötzlich sind

Um mich so viele Worte

Ich öffne ihnen

Himmelweit mein Herz

Ich lasse sie

Durch meine Pforte schreiten

Sie fügen sich

Ganz von allein zurecht.

 

Sie biegen sich,

Sie falten sich zusammen,

Bis ein Gedichtband

Aus dem Nichts entsteht.

Und ist er fertig,

Fliegen sie von dannen,

Sind hin und fort,

Vom Winde bald verweht.


Juni

Ende gut, alles gut

 

Es heißt doch immer,

Aller Anfang sei schwer

Doch warum habe ich dann

So viele Anfänge hier?

 

Die erste Reihe eines gestrickten Schals

Reihe zwei und drei strick ich gerne

Bei Reihe vier beginnt die Qual.

 

Die ersten Pinselstriche,

Weiße Leinwand wird grundiert

Doch Details sind mühsam

Weshalb weiter nichts passiert.

 

Die ersten Zeilen werden richtig gut

Doch nimmt die Geschichte ihren Lauf

Verlässt mich meist der Mut.

 

Durchhaltevermögen,

Das ist nicht so mein Ding

Lieber gebe ich mich immer wieder

Etwas Neuem hin.

 

Und was mache ich jetzt

Mit diesem Gedicht?

So richtig fertig

Wird es wohl auch wieder nicht.


mai

Die Idee

 

Eine Idee, sie schlummert tief in mir

So tief, ich möchte sie nicht wecken

Stattdessen warte ich, bis sie von selbst erwacht

Um mit ihr tausend Dinge auszuhecken

 

Ob nun am Tage oder mitten in der Nacht

Ich weiß, wie viele Möglichkeiten in ihr stecken

Auf Zehenspitzen schleiche ich herum, ganz sacht

Ich möchte sie auf keinen Fall erschrecken

 

Ich kann nichts tun als einfach nur zu warten

Bis sie mich packt und ihr Geheimnis mit mir teilt

Drum setz ich mich gemütlich in den Garten

Mit der Geduld, die – hoffentlich

Bis zum Erwachen der Idee bei mir verweilt.


april

Utopie

 

In meiner Utopie

Ist Geld ein Wort der Nostalgie.

Wisst ihr noch, damals,

Als Geld der Lohn für Arbeit war?

Waren das noch Zeiten,

Voller Angst und Sorge

Unser aller Schicksal unklar.

 

In meiner Utopie

Hat die Menschheit

Die nächste Stufe erreicht.

Das Leben ist fantastisch,

Fabelhaft und federleicht.

Wir genießen den Wohlstand

Doch niemand ist mehr superreich

Teilen ist Usus

Es verdienen alle gleich.

 

In meiner Utopie

Gibt es keinen Wettkampf, keine Sieger.

Wo niemand siegt, das sagt die Logik

Steht am Ende kein Verlierer,

Niemand, der auf der Strecke bleibt.

 

In meiner Utopie

Hat das Gute Überhand.

Der Mensch ist voller Liebe

Und nutzt endlich seinen Verstand.

 

In meiner Utopie

Ist genug für alle da.

Niemand nimmt, was er nicht braucht,

Ressourcenverschwendung war einmal.

 

Meine Utopie

Ist ein Traum, das ist mir klar,

Aber träumen ist doch herrlich

Und wer weiß,

Vielleicht wird meine Utopie

Eines Tages doch noch wahr.


märz

Fruchtbarer Boden

 

Die Saat des Krieges

Schlägt auf friedlichem Boden

So unerbittlich ein

Wie auf jedem anderen

 

Die Saat des Friedens

Gedeiht auf kriegerischem Boden

Langsamer

Als auf jedem anderen

 

Letztlich entscheidet der Mensch

Wie er seinen Boden

Beackern möchte


februar

Die alte Häuserzeile

 

Eine alte Häuserzeile

Stand vor mir in Reih und Glied

Ich stand davor, sie zu betrachten

Und das tat ich eine Weile

Da wurd mir klar, was sie verschwieg.

 

Wer lebte hier in dieser Meile,

Wessen Haus und Hof war dies?

Sie wird es einfach nicht verraten

Wie ich auch an der Frage feile

Wer ihr einst und ohne Eile

Stein auf Stein in Mörtel trieb

Sie zum Haus, zum Wohnort machte

Wer in ihr lachte, mit ihr weinte

Bis er den Ort wieder verließ.

 

Es schwieg die hübsche Häuserzeile

Weshalb mir nicht viel übrig blieb

Als mich auf den Weg zu machen

Wohin auch meine Füße eilen

 

Die Richtung ist noch ungewiss.

 


Januar

Schmuddelwetter

 

Draußen tobt das Wetter wahrlich

Gar nicht mal so wohlbehaglich

Wie es von hier drinnen schien

Der Schirm kaum auf, ist er verloren

Ihn hat der Wind emporgehoben

Und wird ihn wohl von dannen ziehn.

 

Das Nass erwischt die kleinste Lücke

Die zwischen Schal und dicker Mütze

Ein Stückchen Haut erahnen ließ.

Der Fuß tritt mutig in die Pfütze

Und zuckt zurück, oh welche Tücke

Tiefer als gedacht, wie fies.

 

Kälte dringt in alle Knochen

Kommt durch dicksten Pelz gekrochen

Als hätte sie kein andres Ziel.

Ich drehe um und geh nach Hause

Freu mich auf die heiße Brause

Das Schmuddelwetter ist zu viel.

 

Was wollte ich denn auch hier draußen

Konnte die frische Luft gebrauchen

Natur, die ist ja ach so toll!

Das ist sie, wenn man sie gemütlich

Vom Sofa sieht und dabei glücklich

In dicken Socken Kaffee trinkt

Und ihr mit warmem Herzen winkt

Dann ist sie wirklich wundervoll.